Muskelkult in Afghanistan
Hi leider etwas alt.. aber wie ich finde ein sehr Interessanter Bericht
DSG
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Muskelkult bei Bodybuildern
Manuskript des Beitrages vom 09.11.2008
von Stephan Kloss
Die Sicherheitslage ist prekär in Afghanistan. Korruption und Kriminalität sind hoch. Die Afghanen versuchen, trotz allem so etwas wie Alltag zu leben. Dazu gehört auch Sport. Selbst ein West-Import wie Bodybuilding darf nun offen ausgeübt werden.
200 Kilogramm stemmt Aziz Ahmad Nikyar fast mit Leichtigkeit nach oben. Unter dieser enormen Last würde ein Hobbysportler wahrscheinlich kapitulieren. Für Aziz aber bedeuten die schweren Eisen lediglich eine kurze Trainingseinheit. Der 35-jährige Afghane ist einer der populärsten Bodybuilder am Hindukusch. Er besitzt seinen eigenen Klub in der Hauptstadt Kabul. Seit zehn Jahren betreibt Aziz Bodybuilding. Früher, zu Talibanzeiten, hat er mit den Kettengliedern von ausgedienten Sowjetpanzern trainiert.
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Aziz Ahmad Nikyar trainiert täglich zwei StundenO-Ton: Aziz Ahmad Nikyar, Bodybuilder
"Während des Talibanregimes mussten wir heimlich trainieren. Wenn sie in den Moscheen waren, haben wir alle Türen geschlossen und unsere Gewichte gestemmt. Die Taliban fanden Bodybuilding unislamisch. Für uns aber bedeutete es Freiheit."
Glattrasiert und eingeölt: Aziz bei einem Wettkampf. Dafür schuftet er täglich zwei Stunden. 2004 und 2006 gewann er den Titel Mister Afghanistan. Üppig sind die Preisgelder aber nicht: gerade mal 200 Euro pro Titel. In Amerika dagegen kassieren Bodybuilder bis zu 380.000 Euro für eine Meisterschaft.
Am Eingang schreiben sich gerade ein paar Studenten für einen Schnupperkurs ein. Eine Mitgliedschaft kostet pro Monat umgerechnet sechs Euro. Das ist gutes Geld hier. Viele Kabuler Studenten verdienen beim Pizzaservice oder als Verkäufer ein paar Dollar und bezahlen so ihre Beiträge. "Ich möchte meinen Körper trainieren und Muskeln aufbauen", sagt er. Das sehe cool aus. Ganz klar, viele junge Männer kommen in den Klub von Aziz, weil er in Afghanistan ein Star ist. Die Ausrüstung hat der Bodybuilder gebraucht im benachbarten Pakistan gekauft. Mit den mageren Preisgeldern und Mitgliedsbeiträgen allein kann Aziz seinen kleinen Klub nicht über Wasser halten. Er betreibt nebenbei eine Baufirma und finanziert so sein Hobby. Der Klub befindet sich im Kellergeschoss eines Hauses, das Aziz gebaut hat. Im islamisch-konservativen Afghanistan ist öffentlicher Muskelkult nur Männern vorbehalten. Frauen bleiben davon - nach wie vor - ausgeschlossen.
Idol Arnold Schwarzenegger
Von fast jedem Gebäude blicken handgemalte Bodybuilder auf den Hindukusch. Einer der bekanntesten: Arnold Schwarzenegger, Bodybuilding-Star der 80er Jahre. Der sei aus Amerika und bedeute Freiheit, sagen die afghanischen Bodybuilder. Deshalb verehrten sie ihn. Nach dem Sturz der Taliban ist Bodybuilding in Afghanistan - nach Fußball – zur zweitpopulärsten Sportart geworden. In Kabul gibt es inzwischen über 100, im gesamten Land sollen es bereits über 550 Fitness-Klubs sein, in denen sich tausende Männer im Alter zwischen 15 und 50 die Muskeln stählen.
Arnold Schwarzenegger symbolisiert für viele Afghanen die Freiheit in der westlichen WeltHier im Zentrum Kabuls öffnet wieder einmal ein Klub, sogar ein Staatsekretär lässt sich blicken. Abgesehen davon sind Afghanistans Bodybuilder auf sich selbst gestellt, Unterstützung von den Behörden gibt es keine. Höchstens mal hier und da eine kleine Spende von einer ausländischen Hilfsorganisation. Viele Klubs werden von Bodybuildern betrieben. Sie finanzieren sich, indem sie Trainingsstunden geben, bei Freunden Geld leihen oder bei lokalen Banken zinsgünstige Kleinkredite aufnehmen. Aziz Ahmad Nikyars bescheidener Fitness-Tempel im Keller hat bereits 250 Mitglieder, jeden Tag kommen mehr dazu. Nach seiner Karriere als Bodybuilder möchte sich der stärkste Mann Afghanistans mehr im Baugeschäft engagieren. Oft hat Aziz überlegt, seinem Heimatland den Rücken zu kehren, weil sich die Sicherheitslage fast täglich verschlechtert. Noch aber will er bleiben.
O-Ton: Aziz Ahmad Nikyar, Bodybuilder
"Klar, unser Vorbild ist Arnold Schwarzenegger. Er hat die Welt des Bodybuildings verändert. Wir wollen unsere Welt hier in Afghanistan ebenfalls verändern. Frauen beispielsweise, die müssen endlich die Chance haben, Bodybuilding zu betreiben."
Ob Arnold Schwarzenegger - das Idol - jemals etwas über die Bodybuilder vom Hindukusch erfahren wird? Darauf hofft Aziz und stemmt die Hanteln unermüdlich weiter - für die nächste Meisterschaft.
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Zitat:
Zitat von xThorx
werde mir das studio mal aus der nähe anschauen, wenn es sich ergibt.
Na dann viel Glück. :))
Zitat:
Zitat von Das Schwäbische Grauen
guckst du :winke: