Zitat:
Cardiotraining im Bodybuilding
In seiner Wirkung weit unterschätzt!
Von David Rosas (a.k.a. HITKappa)
Wenn man sich in deutschen Fitness- und Bodybuildingstudios so umschaut, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die meisten Athleten während eines Muskelaufbauzykluses jegliches Cardio- und Ausdauertraining wie die Pest meiden. Allenfalls zum Aufwärmen schwingt man sich eventuell für ein paar kurze Minuten auf das Fahrradergometer, aber damit hat sich es dann auch. Schließlich will man ja nicht unnütz Energie vergeuden und das Wachstum der Muskeln gefährden. Um Definition und Fettverbrennung braucht man sich während des Masseaufbaus ja ebenfalls nicht zu kümmern. Also, weshalb sollte man sich dann die Mühe machen noch ein paar Einheiten Cardiotraining ins Programm einzuschieben? Nur den wenigsten Trainierenden ist bekannt, dass Cardiotraining weitaus mehr Funktionen erfüllt als das Herz-Kreislauf-System fit zu halten. Selbst die hochgelobte Reduktion des Körperfettanteils durch Cardiotraining ist tatsächlich nur seine kleinste und unbedeutendste Wirkung. Bodybuilder und Kraftsportathleten können in Wirklichkeit von einem richtig aufgebauten Cardioprogramm enorm profitieren und dabei den Grundstein für schnelleres Muskelwachstum legen. In diesem Artikel soll deshalb erläutert werden, welche Anpassungsvorgänge im Körper durch Cardiotraining in Gang gesetzt werden und in wie weit man sich diese zum Aufbau von Muskelmasse und Kraft zu Nutze machen kann.
Aerobes Grundlagentraining und seine Trainingseffekte
Die Schaffung einer aeroben Grundkondition ist das Fundament aller Hochleistungssportarten, egal ob im Kraftsport oder Ausdauerbereich. Ein richtig durchgeführtes aerobes Basistraining löst im Körper folgende Anpassungsvorgänge aus:
• Erhöhung der Zahl und Größe der Mitochondrien in der Skelettmuskulatur
* Erhöhte Konzentration aerob wirksamer Enzyme
* Bessere Nutzung des Fettstoffwechsels durch höhere mitochondriale Gesamtkapazität
* Zunahme und Dichte feinster Blutgefäße (Kapillaren) im arbeitenden Muskel
* Vergrößerung der Energiespeicher (mehr Muskel und Leberglycogen)
* Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme
* Erhöhung des Herzschlagvolumens
* Senkung des Ruhepulses
* Schnellerer Abbau von Körperdepotfett
* Schnellere Regeneration nach dem Training und zwischen den Sätzen
Die bessere Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen sind ein wichtiger positiver Effekt, wie auch der gesteigerte Abtransport und die optimierte Verwertung von Abbauprodukten wie z.B. der Milchsäure. Durch eine gute aerobe Basis entsteht zum Einen weniger Milchsäure und zum Anderen wird Milchsäure, welche beim Muskelaufbautraining normalerweise gebildet wird, schneller zu Glycogen abgebaut. Dies bedeutet, dass wesentlich intensiver trainiert werden kann, was sich im Übrigen durch ein vermindertes Pumpgefühl zum Ausdruck bringt. Der sogenannte Pumpeffekt ist nämlich genaugenommen nichts anderes als ein Zeichen einer Übersäuerung der Muskulatur, wodurch der Muskel gezwungen wird seine Arbeit einstellen, bevor er vollständig zum Wachstum stimuliert wurde. Eine gute aerobe Basis hingegen in Verbindung mit harten Trainingssätzen ist der beste Garant, dass wirklich jeder Satz die Muskeln zum Wachstum anregt. Sportler mit einer guten aeroben Kondition verfügen außerdem über wesentlich größere Muskel- und Leberglycogenspeicher. Dies beschleunigt die Regeneration der Kreatinphosphatspeicher nach einem Satz mit maximalen Krafteinsatz wesentlich. Als Folge kann man die Pausenzeiten zwischen den einzelnen Sätzen herabsetzen und so gleichzeitig das Training intensivieren, was sich letztendlich in gesteigerten Trainingsfortschritten wiederspiegelt.
Der aber wohl wichtigste Effekt eines guten aeroben Trainingszustandes ist die gesteigerte Regeneration. Je besser die aerobe Kondition, desto schneller regeneriert der Sportler und umso früher wird ein Muskelwachstum eintreten. Weitere Vorteile sind die größeren Glycogendepots im Muskel- und Lebergewebe wodurch der Blutzuckerspiegel auf einem konstanteren Niveau gehalten werden kann und der bessere Kapillarisierungsgrad, was zu einer rascheren Wiederauffüllung der Muskelglycogendepots führt und so wiederum der körperlichen Regeneration zu Gute kommt.
Die Summe all dieser Effekte ist letztendlich auch in einer Diät entscheidend. Wer die bessere aerobe Basis hat, wird seinen Körperfettanteil schneller senken können, denn je höher der Anteil der Kraftwerkszellen (Mitochondrien) desto mehr Fettsäuren können in einem gewissen Zeitraum verbrannt werden. Daher ist die Gefahr eines Übertrainings deutlich geringer. Ein Bodybuilder mit einer guten aeroben Kondition kann selbst bei einer hohen negativen Kalorenbilanz öfters trainieren ohne dass er übertrainiert, da sein Organismus es schafft die negative Kalorienbilanz durch das Verbrennen des eigenen Depotfettes auszugleichen.
Langfristig maximale Muskelentwicklung durch eine gute aerobe Basis
Wenn man sich jetzt die Trainingspläne der heutigen Profibodybuilder ansieht, so wird einem auffallen, dass diese häufig einen erheblichen Anteil an Cardiotraining beinhalten. So verbringen viele täglich 30-60 Minuten auf einem Fahrradergometer oder beim Laufen. Dabei handelt es sich wie unschwer zu erkennen primär um Tätigkeiten, die hauptsächlich die Beine belasten. Da der Trainingseffekt des aeroben Trainings jedoch stark auf den Skelettmuskel lokal bezogen ist, haben wir hier z.B. einer der Gründe, weshalb die Beinentwicklung vieler Profibodybuilder in Relation zu den anderen Muskelgruppen am weitesten fortgeschritten ist. Im Verhältnis zu den Muskelgruppen am Oberkörper verfügen die Beine aufgrund des vielen einseitigen Cardiotrainings über weitaus mehr Kraftwerkszellen (Mitochondrien), und profitieren daher von den oben erwähnten Eigenschaften am meisten. Daher gilt es eine aerobe Betätigung zu finden, die auch die übrigen Muskeln von dieser Art Training profitieren läßt. Welche aerobe Ausübung sich am besten eignet und wie man diese in der Praxis erfolgreich in einen Trainingsplan für Bodybuilder integriert, wird nachfolgend erklärt.