Freiburg (Shirin Sojitrawalla) - Mit der Sonne kommen auch die Freiluftsportler aus der Deckung: Straßen und Plätze werden wieder von Radfahrern, Joggern und Inline-Skatern bevölkert. Aber auch die Fitness-Studios erfreuen sich eines größeren Zulaufs, da sich viele für die Badesaison vornehmen, das nicht nur zur Weihnachtszeit Angefressene wieder abzutrainieren. Bewegung heißt also die Devise. Doch für viele hat das ungewohnte Training am nächsten oder übernächsten Morgen ein böses Erwachen zur Folge: Muskeln, die bei jedem Schritt und Tritt schmerzen.
Bei Muskelkater, wie das Phänomen volkstümlich heißt, handelt es sich immer um ein
Missverhältnis zwischen Belastung und Training. Nicht die Belastung an sich führe zu den Schmerzen, sondern eine zu hohe Belastung des untrainierten Körpers, erläutert Andreas Schmid vom Deutschen Sportärztebund (DSÄB) in Freiburg. Es sind also die Untrainierten, die von Muskelkater betroffen sind. "Es trifft immer diejenigen, die lange nichts gemacht haben", sagt auch Winfried Banzer, Professor am Bereich Sportmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main.
Dabei gibt es Sportarten, die eher zu Muskelkater führen als andere: Squash ist eine solche Sportart, die durch ihre schnellen und extremen Stopp- und Bremsbewegungen die Muskeln stark belastet. Auch alle anderen kraftorientierten Sportarten erhöhen das Risiko, einen Muskelkater zu bekommen. Wer sich also überlegt, mal wieder zum Squashschläger zu greifen, sollte erst einmal ganz langsam mit dem Spiel anfangen und nicht gleich um Punkte kämpfen. Besonders empfehlenswert sei auch ein vorheriges Kraft- oder Lauftraining, so Andreas Schmid. Das mindere die Muskelkater-Gefahr.
Beim Muskelkater erleiden die Muskelzellen nach Angaben des Sportmediziners eine Mikrotraumatisierung, also minimalste Verletzungen. Die kleinen Risse sind zwar nur unter dem Mikroskop auszumachen, aber dennoch für die unangenehmen Schmerzen in den Muskeln verantwortlich. Der landläufigen Meinung, Muskelkater werde durch eine Übersäuerung ausgelöst, widersprechen die Wissenschaftler. Zwar steige der Milchsäureanteil durch die Überbeanspruchung der Muskeln, aber dies sei nicht die primäre Ursache für den Muskelkater, erläutert Winfried Banzer.
Auch die verbreitete Auffassung, Muskelkater sei ein Beweis für besonders gutes und hartes Training, weisen die Wissenschaftler zurück. "Muskelkater ist ein Indiz dafür, dass man im Training etwas falsch gemacht hat", sagt Banzer. Sein Kollegen Andreas Schmid verweist darauf, dass bestimmte Charaktere verstärkt zum Muskelkater neigen: Es sind die Ehrgeizigen und Verbissenen, die bis an ihre Grenzen gehen, alles aus sich heraus holen wollen und dabei ihr Limit nicht selten überschreiten. Und ihre Muskeln reagieren auf die Überanstrengung eben mit einem Kater.
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