Wurmtherapie hilft gegen chronische Darmentzündung
Chronische Darmerkrankungen sind nicht nur schmerzhaft und bisher unheilbar. Sie entstehen, weil das Immunsystem des Körpers gegen sich selbst richtet, genauer gegen die Darmschleimhaut. Quivive berichtet über eine vielversprechende Therapie mit Wurmeiern.
Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind chronisch entzündliche Darmerkrankungen, die bislang als nicht heilbar gelten. Typische Beschwerden sind hier blutiger Stuhl, Durchfälle und Leibschmerzen.
Bis heute sind die Ursachen beider Erkrankungen nicht zweifelsfrei geklärt. Man vermutet, dass erbliche, infektiöse und Umweltfaktoren zusammenspielen. Zudem scheint eine Fehlfunktion des Immunsystems wahrscheinlich: Es wird gegen den eigenen Körper aktiv.
Eine Heilung gibt es bisher nicht. Starke Medikamente sollen die Entzündungen hemmen und die krankhafte Aktivität des Immunsystems unterdrücken. Andere Arzneien wie zum Beispiel Krebsmittel oder Kortison haben belastende Nebenwirkungen und können den Krankheitsverlauf meist nur mildern. Erste Studien in den USA haben nun gezeigt, dass man die schweren Symptome der chronischen Darmerkrankungen effektiv zurückdrängen kann, wenn man den angegriffenen Darm mit einem Parasiten in Kontakt bringt.
Dieser Parasit ist ein Peitschenwurm, der normalerweise im Darm von Schweinen auftritt. Die Schweine macht er krank, uns Menschen soll er jedoch gesund machen können. In den Studien hatten die Patienten im Abstand von etwa zwei Wochen je einen Trunk mit etwa 2500 Wurmeiern zu sich genommen. Im Darm schlüpfen aus den Eiern dann Wurmlarven und überleben dort etwa zehn Tage – ohne langfristig Schäden anzurichten.
Im Gegenteil: Kurz nach der Einnahme entwickelten einige Patienten zwar zunächst hohes Fieber oder stärkere Durchfälle. Nach etwa zehn Tagen verschwanden die Symptome aber komplett, die Studienpatienten fühlten sich wohl wie lange nicht mehr. Darüber hinaus waren die typischen Zeichen der chronischen Darmerkrankung selbst in der Darmspiegelung (Koloskopie) nicht mehr zu sehen.
Hygienische Verhältnisse machen Immunsystem arbeitslos
Wie kann das sein? Offensichtlich bekämpft das Immunsystem die Würmer als „Eindringlinge“ und ist so damit beschäftigt, dass der Kampf gegen den eigenen Körper „in Vergessenheit“ gerät.
Die Überlegung dahinter ist so originell wie logisch: Wie manch andere Immunerkrankung treten chronisch entzündliche Darmerkrankungen fast ausschließlich in entwickelten Industrieländern mit hohen hygienischen Standards auf. Als Folge infizieren sich die Menschen sehr viel seltener mit Parasiten. Eindringlinge, die das Immunsystem bekämpfen muss, gibt es nur noch vereinzelt. Auf der Suche nach „Arbeit“ bekämpft das Abwehrsystem sich daher irgendwann selbst.
Als die Menschen hingegen noch in weniger reinlichen Verhältnissen und in engem Kontakt mit Haustieren wie zum Beispiel Schweinen lebten, gab es chronische Darmerkrankungen noch nicht. Bisher ist die kuriose Wurmbehandlung noch nicht offiziell als Therapie zugelassen. Deshalb müssen die Kosten für die Wurmeier-Therapie auch selbst getragen werden, sie können sich auf bis zu 4000 Euro summieren.
Da die Ärzte damit jedoch bereits erstaunliche Erfolge erzielen, wollen sie den Parasiten künftig auch gegen andere Autoimmunerkrankungen wie Asthma, Neurodermitis oder rheumatoide Arthritis testen.
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