Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BFARM) hält es «nicht mehr für vertretbar», Patienten mit Herzproblemen das Schmerzmittel Celebrex des US-Herstellers Pfizer zu verordnen. Den Ärzten von «Patienten mit erhöhtem Risiko für Herzkreislauferkrankungen oder solchen Erkrankungen in der Vorgeschichte (z.B. Herzinfarkt oder Schlaganfall)» sollten ein alternatives Mittel zum Celebrex-Wirkstoff Celecoxib erwägen, teilte die Behörde am Montag in Bonn mit. Wo alternative Mittel nicht einsetzbar seien, werde die geringste mögliche Dosis von Celebrex empfohlen, hieß es.
Pharmaexperten forderten Pfizer auf, das Medikament nicht mehr zu verkaufen. «Celebrex muss vom Markt», sagte der Mitherausgeber des Informationsdienstes «Arznei-Telegramm», Wolfgang Becker-Brüser, dem «Tagesspiegel», wie die Zeitung vorab berichtete. Im Prinzip gelte dies für die gesamte Klasse der so genannten Cox-2-Hemmern. Dazu zählt der Celebrex-Wirkstoff Celecoxib ebenso wie Rofecoxib, auf dem das Rheumamittel Vioxx des US-Konzerns Merck & Co. basiert und das Ende September weltweit vom Markt genommen wurde.

Die beiden Wirkstoffe gelten als moderne und magenverträgliche Alternativen zu anderen Wirkstoffen gegen Rheuma- und andere Schmerzen. Derzeit führe die Europäische Arzneimittelagentur EMEA in London ein Risikobewertungsverfahren durch, in dem die Risiken von Cox-2-Hemmern neu bewertet würden.


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Die BFARM schließt sich einer Empfehlung ihrer US-Schwesterbehörde FDA an. Sie hatte ebenfalls möglichst geringe Dosen und wo möglich ein Ausweichen auf andere Wirkstoffe empfohlen. Pfizer hatte am Freitag von vorläufigen Ergebnissen einer neuen Studie berichtet, die – anders als eine parallel laufende Untersuchung – ein erhöhtes Herz-Risiko bei der regelmäßigen Celebrex-Einnahme ergeben hatte.

Nachdem erste Sammelklagen eingereicht worden waren, kündigte der Konzern am Wochenende an, zwar nicht mehr für Celebrex zu werben, dass Präparat aber weiter zu verkaufen.


«Viele kommen mit konventionellen Mitteln hin»




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Auch der Vorsitzende der deutschen Arzneimittelkommission, Bruno Müller-Oerlinghausen, sprach sich am Montag gegen eine Marktrücknahme von Celebrex aus. «Nach meiner Meinung sollte eine Substanz wie Celebrex am Markt bleiben unter der Voraussetzung, dass sie tatsächlich nur eingeschränkt und mit ärztlicher Vernunft verordnet wird», sagte er der dpa. Er verwies darauf, dass keinesfalls jeder Patient, der ältere Rheumamittel einnimmt, dadurch Magen-Darm-Blutungen bekommt.
«Viele Patienten kommen mit den konventionellen Mitteln ganz gut hin, insbesondere, wenn man Magenschutzmittel dazu gibt», sagte Müller-Oerlinghausen. Damit seien Präparate wie Vioxx oder Celebrex nicht immer erste Wahl. «Wir haben schon 2001 auf das Herz-Kreislauf-Risiko von Cox-2-Hemmern hingewiesen», sagte der Chef der Arzneimittelkommission weiter.

Der Bremer Arzneimittelexperte Gerd Glaeske kritisierte die Hersteller. Diese hätten die Ärzte gedrängt, verstärkt andere Cox-2-Hemmer zu verordnen, «obwohl für die meisten Rheumapatienten bewährte Schmerzmittel wie Diclophenac und Ibuprofen zur Verfügung stehen», sagte Glaeske dem «Tagesspiegel». (nz)