nordClick/Kieler Nachrichten vom 19.04.2006 01:10 « Vorige| Nächste »

Fitness-Studio eigenen Tod vorgetäuscht

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Norderstedt – Im harten Kampf um mehr Kondition und weniger Kilos bleibt so mancher gute Vorsatz auf der Strecke. Das wissen auch die Betreiber der Fitness-Studios, die Neulinge deshalb gerne gleich für ein ganzes Jahr unter Vertrag nehmen.
Der Versuch von Roswitha L. (Name geändert), sich ihrer Zahlungsverpflichtungen zu entledigen, trägt schon makabere Züge: Die 50-jährige Hausfrau ließ sich für tot erklären, ihr Mann fälschte die Sterbeurkunde. Wegen gemeinschaftlichen versuchten Betruges und Urkundenfälschung wurden die Eheleute gestern im Amtsgericht Norderstedt zu Geldstrafen verurteilt. Im November 2003 hatte sich Roswitha L. zum Abonnement bei einem Fitness-Studio in Norderstedt aufgerafft. Sie legte 60 Euro für ein Fitness-Startpaket" auf den Tresen und unterschrieb einen Trainingsvertrag über zwölf Monate. Drei Mal zahlte sie den Beitrag von 32 Euro. Dann verschwand sie.
"Ich bin herz- und rückenkrank", verteidigte sich die Angeklagte vor Gericht. Im Fitness-Studio habe man ihr ständige ärztliche Betreuung versprochen. Doch nur ein einziges Mal sei sie untersucht worden. Laut Geschäftsbedingungen entbinden kurze Krankheiten nicht von der Zahlungspflicht, stellt der Vorsitzende fest. "Das sind langwierige Erkrankungen", beteuert die Angeklagte und muss sich belehren lassen, dass sie dann ja gute Chancen auf eine schnelle Kündigung gehabt hätte. Die Inhaberin des Fitness-Studios bestätigt: "Mit einem ärztlichen Attest kommt bei uns jeder innerhalb von vier Wochen raus.Wenn man uns anspricht, finden wir eine Regelung."

Stattdessen steckte die Hausfrau den Kopf in den Sand. Nach drei Monaten Zahlungsrückstand wurde laut "Kleingedrucktem" die Restsumme auf einen Schlag fällig – 256 Euro. Auf die freundliche "Zahlungserinnerung" folgte die "letzte außergerichtliche Mahnung", es drohte ein Inkasso-Verfahren. Elf Monate nach ihrer Anmeldung rief die Angeklagte im Studio an, gab sich am Telefon als ihre Schwester aus und erklärte ihren eigenen Tod.

"Mit Betroffenheit" wandte sich die Geschäftsführung nun an den "Witwer", erklärte ihr Beileid und erinnerte an die offene Forderung. "Ich war vollkommen fertig", schildert der Beamte seine Seelenlage, als er die Sterbeurkunde vorlegen sollte. "Ich wollte eine familiäre Katastrophe abwenden", verteidigt er sich. Wegen anderer Schulden habe man mit der Zwangsräumung rechnen müssen.

Nach eigenem Geständnis scannte der 52-Jährige die Sterbeurkunde seines Vaters in den Computer ein, montierte Namen und Daten seiner Ehefrau ein, druckte das Falsifikat aus und faxte es von seiner Dienststelle kommentarlos ins Fitness-Studio. Dort entzifferte man eine übersehene Jahreszahl "1979". Die Nachfrage beim Standesamt ergab, dass die angeblich Verstorbene lebt und der unterzeichnende Standesbeamte pensioniert ist. Die Inhaberin des Studios erstattete Strafanzeige.

Pech für die Angeklagten: Sie versäumten es bis heute, den Vertrag zu kündigen. "Er ist immer noch wirksam", stellte der Vorsitzende fest. Zu den gestern von ihm verhängten Geldstrafen in Höhe von 900 Euro für den Ehemann (30 Tagessätze à 25 Euro) und 250 Euro für die Frau wären theoretisch also über 500 Euro Beitrag für nicht in Anspruch genommene Trainingsstunden fällig... Von Thomas Geyer