Teil II
Fleisch und Gesundheitsbewußtsein
Selbstverständlich bleibt es jedem selbst überlassen, ob er Fleisch isst oder aus ethischen, religiösen oder Gründen des Tierschutzes lieber darauf verzichtet.
Aus gesundheitlicher Sicht spricht allerdings nichts gegen den Verzehr von Fleisch im Rahmen einer ausgewogenen Gesamternährung.
Im Gegenteil: Werden alle tierischen Lebensmittel abgelehnt, so wie es Veganer praktizieren, drohen ernsthafte Mangelerscheinungen bei Eiweiß, essentiellen Fettsäuren, Eisen, Zink, Vitamin B12 und Calcium. Ernähren sich werdende und stillende Mütter vegan, kann es beim Nachwuchs sowohl zu körperlichen als auch zu intellektuellen Nachteilen gegenüber Kindern von Mischköstlern kommen.
Vorurteil: "Vegetarier sind gesünder"
Fakten: Vegetarier unterscheiden sich nicht nur durch den Verzicht auf Fleisch von der Durchschnittsbevölkerung, sondern sie essen auch mehr Gemüse, Nüsse und Obst, sie rauchen weniger, trinken weniger exzessiv Alkohol, treiben mehr Sport und erlernen häufiger Entspannungstechniken. Aufgrund diese Lebensstils schneiden die typischen "Wohlstandsvegetarier" der westlichen Gesellschaften im Vergleich zum "Otto-Normalverbraucher" gesundheitlich deutlich besser ab.
Das liegt jedoch nicht am Verzicht auf Fleisch, wie die Auswertung von fünf Langzeitstudien ergab[1], in denen Vegetarier mit gesundheitsbewußten Fleischessern verglichen wurden: Lediglich das Herzinfarktrisiko der Vegetarier lag etwas niedriger. Es fand sich jedoch kein Unterschied bei Krebs, Schlaganfällen und bei der Gesamtsterblichkeit. Das heißt, Vegetarier leben nicht "gesünder" oder länger als gesundheitsbewußte Fleischesser.
Vorurteil: "Fleisch enthält nur gesättigte Fettsäuren, die zu Ateriosklerose führen"
Fakten: Beides ist falsch. Sowohl das wenige Fett, dass sich im Muskelfleisch befindet, als auch die tierischen Depotfette (Schmalz, Talk und Speck) bestehen zum größten Teil aus einfach ungesättigten Fettsäuren, die zudem einen günstigen Einfluss auf die Blutfett- und Blutcholesterinwerte haben.
Nur drei gesättigte Fettsäuren lassen den Cholesterinspiegel ansteigen. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, dass sie das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen erhöhen: In 18 der 21 vorliegenden Langzeitstudien ergab sich kein erhöhtes Risiko durch gesättigte Fettsäuren. Eine mögliche Erklärung: Die gesättigten Fettsäuren erhöhen auch das "gute" Herz schützende HDL-Cholesterin.
Vorurteil: "Fleisch ist cholesterinreich, zu viel Cholesterin im Essen ist schädlich"
Fakten: Muskelfleisch, egal von welcher Tierart, enthält etwa 60mg Cholesterin pro 100g. (...) Die Cholesterinzufuhr mit der Nahrung hat für die meisten Menschen jedoch keine Bedeutung für den Blutcholesterinspiegel. Da Cholesterin per se nicht schädlich, sondern sogar lebensnotwendig ist, regelt der Köper seinen Cholesterinbestand mithilfe von einer Rückkopplung: Je weniger Cholesterin über die Nahrung zugeführt wird, desto mehr bildet der Körper selbst - und umgekehrt. Die körpereigene Cholesterinbildung beträgt bei gemischter Kost etwa 1g pro Tag. Die 120mg, die in einem 200g-Steak enthalten sind, fallen da kaum ins Gewicht, zumal nur die Hälfte davon im Darm resorbiert wird und die Eigensynthese entsprechend oder zumindest teilweise eingeschränkt wird.
Vorurteil: "Fleisch bzw. tierisches Eiweiß erhöht das Herzinfarktrisiko"
Fakten: Die wenigen Langzeitstudien zum Thema Fleisch und Infarkt widersprechen auch diesem Vorurteil[2]. Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass in Ländern mit überdurchschnittlich hohem Fleischverbrauch wie Spanien und Frankreich die Infarktrate am niedrigsten ist.
Vorurteil: "Fleisch fördert Darmkrebs"
Fakten: Es gibt drei amerikanische Langzeitstudien, die einen Zusammenhang zwischen Fleischkonsum und Dickdarmkrebs fanden. Davon wird auch in den Medien immer wieder berichtet. Verschwiegen wird, dass 12 weitere Studien[3] keinen Zusammenhang fanden. Möglich ist, dass gewisse Zubereitungsformen ein Risiko darstellen. Wichtig ist außerdem, was zum Fleisch gegessen wird, denn vermutlich ist ein niedriger Konsum von Obst und Gemüse der entscheidente Risikofaktor.
Vorurteil: "Fleischgenuss führt zu Rheuma und Gicht"
Fakten: Gicht ist eine erbliche Störung des Purinstoffwechsels. (...)
Bei Gichtkranken kann eine purinarmne Kost das leiden lindern. (...)
Aber Vorsicht: Auch viele pflanzliche Lebensmittel enthalten erhebliche Mengen an Purinen. Besonders Hülsenfrüchte sind purinreich.
Fleischlose Welt - bessere Welt?
Auch der größte Teil der schätzungsweise 1-2 Milliarden Vegetarier auf dieser Welt verzichtet nicht freiwillig auf nährstoffreiche Fleischspeisen, sondern aus ökonomischer Not. (...)
Millionen Kindern in der Dritten Welt könnte das Augenlicht erhalten werden, wenn sie ein wenig Vitamin-A-haltiges Fleisch essen könnten. Auch die weltweit häufigste ernährungsbedingte Erkrankung, die Eisenmangelanämie, ließe sich mit regelmäßigem Fleischverzehr verhindern.
[1]Key, TJA. et al.: Mortality in vegetarians and non-vegetariens: a collaborative analysis of 8,300 deaths among 76,000 men and women in five prospectivestudies. PHN 1998, Vol.1.
[2]Hu, FB. et al.: Dietary saturated fats and their food sources in relation to the risk of coronary heart desease in woman. AJCN 1999, Vol. 70.
[3]z.B.: Sellers et al.: Diet ans risk of colon cancer in a large prospective study of older women: an analysis stratified on family. CCC 1998, Vol.9.
Pietinen et al.: Diet and risk of colorectal cancer







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