Atkins vor dem Aus
Neue wissenschaftliche Studien belegen Schädlichkeit der Atkins-Diät
Eigentlich ist Abnehmen ganz einfach: Weniger essen, dafür durch Sport und Bewegung mehr verbrennen. Doch was so einfach klingt, fällt vielen Übergewichtigen in der Praxis schwer. Da fällt die so genannten Atkins-Diät schon leichter: Man darf so viel essen wie man will, auch Fleisch und Fett, aber keine Kohlenhydrate. Die nach dem im Frühjahr verstorbenen New Yorker Arzt Robert Atkins benannte Diät gerät inzwischen zunehmend ins Visier von Ernährungsexperten, die vor gesundheitsschädlichen Folgen warnen.
Die sichtbaren Erfolge beim Abnehmen verbunden mit den einfach durchzuhaltenden Regeln haben die Atkins-Diät seit ihrer Erfindung vor rund 30 Jahren zu einem weltweiten Renner gemacht. Atkins riet zum Verzicht auf Getreideprodukte, Reis und Kartoffeln, auf alle Nahrungsmittel also, die viele Kohlenhydrate enthalten. Beim Fett dürfe man hingegen so richtig zulangen und auch ruhig mehr Fleisch essen. Ganz anders sieht das der Ernährungswissenschaftler Tim Crowe von der Deakin-Universität in Melbourne. Ein Verzicht auf Kohlenhydrate beraube den Körper seines besten Treibstoffs: "Das ist so, als betankte man einen Hochleistungsmotor mit Diesel-Kraftstoff." Es zeige sich immer mehr, dass es langfristig zu Herzproblemen kommen könne, wenn sich der Stoffwechsel in Folge einer solchen Diät ohne Kohlenhydrate umstellt, erklärt Crowe: "In der medizinischen Literatur wurden bis heute mindestens 60 Fälle von plötzlichem Herztod beschrieben, bei Personen, die stark erniedrigte Kohlenhydrat-Werte hatten oder die nach einer Kohlenhydrat-armen Diät lebten." Andere Studien verzeichnen Fälle von Nierenkomplikationen, den Verlust körperlicher Fitness und sprechen sogar von einem erhöhten Krebsrisiko, wenn die Nahrung zu wenig Kohlenhydrate enthält.
Selbst die wichtigste Trumpfkarte der Atkins-Diät - ihre unbestreitbaren Erfolge bei der Gewichtsreduzierung - sticht nach neueren Studien nicht mehr. Denn der Erfolg ist von kurzer Dauer. Das Gewicht stelle sich später meist wieder ein, glaubt Ernährungsexperte Crowe den vielen Studien entnehmen zu können. Das Nationale Gewichtskontrollregister der USA zeichnet die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten von fast 3000 US-Bürgern auf, die erfolgreich und vor allem dauerhaft abgenommen haben. James Hill, Direktor des Zentrums für Humanernährung an der Universität von Colorado, interpretiert die Daten aus wissenschaftlicher Sicht: "In unserer Gruppe sind Übergewichtige, die im Schnitt 30 Kilogramm abgenommen haben und ihr Gewicht dann jahrelang hielten. Was ist das Erfolgsgeheimnis dieser 3000 Personen? Wie sich zeigt, ist es keine bestimmte Diät-Form. Aber es gibt mehrere übereinstimmende Faktoren: Diese Leute ernähren sich fettarm. Sie nehmen - ganz anders, als es die Atkins-Diät verlangt - viele Kohlenhydrate zu sich. Sie gehören nicht zu denen, die aufs Frühstück verzichten. Sie sind körperlich aktiv. Und sie wiegen sich regelmäßig."
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