Es geht in diesem Thread um die Frage, ob man auch ohne Fleisch Muskeln aufbauen kann !

Wo liegen die Vorteile des Fleischkonsums ?

Wo soll der Mangel beim Verzicht liegen ?

Stichwort Kreatin

Da Vegetarier keine externen Quellen an Kreatin haben, glaubt man seither, sie seien schwache Sportler in Kraftdisziplinen.
Aufgrund dieser widersprüchlichen Daten haben wir entschieden (Clarys et al, 1997) eine Doppelblindstudie über den Effekt einer zusätzlichen Kreatineinnahme bei der vegetarischen und nicht-vegetarischen Bevölkerung, die intensiv Sport betreibt, durchzuführen.

Das Ergebnis dieser Studie war, dass die Zusatzeinnahme weder bei den Vegetariern noch bei den Nicht-Vegetariern eine Steigerung der Trainingsleistung bewirkte. Daher zeigt dieser Befund keinen wesentlichen Mangel an Kreatin bei Vegetariern, die ja einzig auf die körpereigene Biosynthese bauen können.

Es ist deshalb nicht gerechtfertigt zu behaupten, dass eine vegetarische Ernährung für Sportler, die Schnelligkeits- oder Kraftdisziplinen betreiben, nicht geeignet sei.

Wenden wir uns nun einem anderen Mythos zu: Der Eiweissbedarf von vegetarischen Sportlern. Die Betonung der Wichtigkeit von Protein (Eiweiss) für sportliche Leistungen hat eine lange Geschichte. Sie geht bis zu den alten griechischen Athleten zurück, die grosse Fleischesser waren. Im 19. Jahrhundert wurde der alte Glaube «Fleisch macht stark» durch den berühmten Physiologen von Liebig bekräftigt.

Er gab vor, dass Muskelenergie durch die Oxidation von Protein produziert werde. Ungeachtet der Tatsache, dass in den 1860igern, Wissenschaftler wussten, dass die bedeutensten Energielieferanten für die Muskelarbeit die Kohlenhydrate und einige ungesättigte Fettsäuren sind. Der Mythos «Fleisch macht stark» wurde bis ins 20. Jahrhundert begünstigt und aufrechterhalten.

Heutzutage ist anerkannt, dass nur zirka 5 – 10% Eiweiss zur Bereitstellung von Energie während eines Ausdauertrainings gebraucht werden. In den Kraftdisziplinen resultiert der erhöhte Proteinbedarf von der erhöhten Oxidation von Aminosäuren (was bei Muskelarbeit geschieht).

Andererseits ist der erhöhte Bedarf für die tatsächliche Ablagerung in der Muskelmasse klein, da Muskeln zu drei Vierteln aus Wasser bestehen. Eine schnelle Kalkulation demonstriert, dass eine Zunahme von 120 Gramm Muskelmasse pro Woche (nur 30 Gramm davon ist Protein) zusätzliches Protein von 4,3 Gramm pro Tag bedingen würde (ausgegangen wird von einer 100 % Ausnützung des Proteins).

Die Meinung, dass Vegetarier den leicht erhöhten Proteinbedarf während Ausdauerwettkämpfen decken können, ist akzeptiert. Etwas schwieriger kann es für vegetarische Kraftsportler (z.B. Sprinter, Gewichtheber usw.) sein. Für diese Athleten ist empfehlenswert 1,5 – 1,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht Protein zusätzlich einzunehmen. Das kann leicht erreicht werden indem man mehr proteinreiche Lebensmittel, wie z.B. Sojaprodukte und Hülsenfrüchte in den Speiseplan einbezieht. Es ist gut zu wissen, dass Eiweiss in Hülsenfrüchten, aufgrund des tieferen Sulfuraminosäurengehalts, eine geringere Kalziumausscheidung durch den Urin verursacht, verglichen mit tierischem Eiweiss.

Vom Gesundheitsaspekt her gesehen ist nicht nur für vegetarische, sondern auch für nicht-vegetarische Sportler empfehlenswert den erhöhten Proteinbedarf durch die vermehrte Einnahme proteinreicher Nahrung pflanzlicher Herkunft zu begegnen.

Zum Abschluss kann festgehalten werden, basierend auf Fakten und empirischen Daten, dass vegetarische Sportler auf höchstem Niveau in allen Sportdisziplinen mithalten können, sofern sie einer ausgewogenen und vollwertigen Ernährung folgen und diese auf die individuellen Bedürfnisse des Trainings abstimmen.

Prof. Dr. em. Marcel Hebbelinck
Freie Universität Brüssel, V.U.B.