Gesundheit: Muskeln geben Geheimnis der Stärke preis
Helen Pearson
Die Gene bestimmen, wie schnell man Muskeln aufbaut
Sie stemmen schwere Hanteln, doch der Erfolg lässt auf sich warten? Wissenschaftler aus den USA könnten schon bald eine Erklärung dafür haben. Sie suchen nach Genen, die bestimmen, ob Training aus Ihnen einen Adonis macht - oder eben nicht.
Fände man die dafür verantwortlichen genetischen Sequenzen, könnte man athletisches Potential, das Ausmaß an Muskelschwund im Alter und sogar die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf Astronauten während eines Raumfluges vorhersagen.
Mehr als 900 Versuchspersonen konnten bereits für die Studie gewonnen werden. Das Ziel ist es, die Teilnehmerzahl auf 1400 zu erhöhen, sagt der Wissenschaftler Eric Hoffman vom Children's National Center in Washington. Zuerst misst das Team das Maximalgewicht, das jeder Proband mit seiner Nicht-Schreibhand heben kann. Dann wird die Größe der Armmuskulatur mittels Magnetresonanztomographie festgestellt.
Einarmiges Training
Danach beginnen die Testpersonen ein intensives einarmiges Training. Drei Monate hindurch zwei mal die Woche für je 45 Minuten stemmen sie Gewichte. "Am Ende sehen einige von ihnen ziemlich einseitig aus", sagt der Teamleiter Paul Thompson vom Hartford Hospital in Conneticut.
Ist das Training abgeschlossen, wird die Muskelgröße erneut gemessen. Je 10 % der Probanden, die am stärksten, beziehungsweise am wenigsten vom Training profitieren, werden weiter untersucht. Die Wissenschaftler suchen nach gemeinsamen genetischen Merkmalen. Sie konzentrieren sich dabei besonders auf Mutationen in etwa 100 Genen, von denen bekannt ist, dass sie eine Rolle beim Muskelaufbau spielen.
Es konnten bereits 25 genetische Merkmale gefunden werden, die entweder für die muskelbepackten oder die schmächtigen Personen charakteristisch sind, sagt Hoffman. Er plant, die Ergebnisse noch in diesem Jahr zu publizieren.
Die Studie nährt Hoffnungen, eines Tages vorhersagen zu können wie hoch das Risiko ist, an Muskelproblemen im Alter oder nach langer Bettruhe zu leiden. Untersuchungen an solchen Genen könnten große Fortschritte bei der Bekämpfung von Krankheiten wie der Duchenne-Muskeldystrophie bringen. Hoffman hofft, dass die Ergebnisse seiner Studie neue Möglichkeiten eröffnen werden, diese Krankheiten zu behandeln.
Nicht ganz unumstritten ist die Tatsache, dass Athleten getestet werden könnten um festzustellen, ob sie das Zeug zum Spitzensportler haben. Diese Aussicht ist für ambitionierte Athleten womöglich besonders interessant, über die psychologischen Konsequenzen können Experten aber nur mutmaßen. "Ist es möglich, dass man nach einem schlechten Ergebnis so frustriert ist, dass man es gar nicht erst versucht", fragt sich Thompson.
Wunderknabe
"Ist es möglich, dass man nach einem schlechten Ergebnis so frustriert ist, dass man es gar nicht erst versucht?"
Paul Thompson
Hartford Hospital, Conneticut
Bis jetzt kennt man nur vier Gene, die Größe und ‚Trainierbarkeit' von Muskeln bestimmen. Letzten Monat wurde von Markus Schuelke und seinen Kollegen im New England Journal of Medicine von einem besonders kröftigen Fünfjährigen berichtet, der eine seltene Mutation im Myostatin Gen trägt. Noch ist nicht klar, ob dieses Gen allgemein für Unterschiede in der Muskelmasse verantwortlich ist.
Im Muskelgewebe vermutet man einen Vorrat an Stammzellen, die durch Sport oder Verletzung dazu angeregt werden können, neue Muskelzellen zu erzeugen. Myostatin scheint in diesem Prozess eine Hauptrolle zu spielen, indem es die Menge an neu gebildetem Gewebe bestimmt.
Die neue Studie ist der bisher umfangreichste Versuch Gene zu finden, die für Muskelaufbau und Kraft verantwortlich sind.
Thompson P. D., et al. Med. Sci. Sports Exerc., 36. 1132 - 1139 doi:10.1249/01.MSS.0000132274.26612.23 (2004 ). | PubMed |
Schuelke M., et al. New Engl. J. Med., 350. 2682 - 2688 (2004). | Article | PubMed | ISI | ChemPort |
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