Der Trainingserfolg im Bodybuilding soll nach einem von vielen (jüngst wieder zu lesen von Andrê Jentzsch, Hartes Training und Diät für die Muskeln ) im Mund geführten Wort zu 70% von der Ernährung und zu 30% vom Training abhängen.
Natürlich ist es gänzlich unmöglich, einen fixen Prozentsatz der am Erfolg beteiligten Komponenten anzugeben. Richtig verstanden ist dies auch gar nicht beabsichtig; es soll vielmehr lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass der Anteil der Ernährung am sichtbaren Ergebnis jedenfalls deutlich höher ist, als der des Training.
Ist dem aber tatsächlich so? Und taugt diese Kernaussage für den Hobby-Bodybuilder als Grundsatz zur Festlegung seiner Prioritäten?
Nach meinem Dafürhalten lässt sich die erste Frage mit einem: "Ja, aber..." beantworten und die zweite Frage klar verneinen.
Man muss sehen, von wem diese Aussage in welchem Kontext gebraucht wird. Zumeist werden erfolgreiche Wettkampfathleten mit diesem Satz zitiert, angesprochen auf das Geheimnis ihres Erfolges. Und aus der Sicht des Wettkampfbodybuilders ist die Aussage auch (teilweise) stimmig. Denn der Wettkampfathlet bezieht die Frage zu Recht auf seinen Erfolg bei Wettkämpfen und diesen Erfolg verdankt er seiner dort an diesem bestimmten Tag präsentierten Form. Damit verengt sich sein Blickfeld auf die Phase, der er diese Form zu verdanken hat und das ist die Wettkampfvorbereitung, welche durch ein striktes Ernährungsregime bestimmt wird.
Tatsächlich ist die gezielte Steuerung der Nährstoffzufuhr der ganz entscheidende Faktor, um eine Wettkampfform zu erzielen also die gewünschte Definition und Härte mit der entsprechenden Muskelteilung herauszuarbeiten.
Aber dies besagt rein gar nichts, für die Frage, ob diese Aussage damit auch für den Freizeit-Bodybuilder ohne Wettkampfambitionen gültig ist.
Das Gegenteil ist der Fall.
Schon für den Wettkampfathleten gilt der Satz in dieser Absolutheit nur für die unmittelbare Wettkampfvorbereitung. In der Aufbauphase hingegen ist das Training der ganz klar dominierende Faktor, die Einhaltung einiger simpler Regeln hinsichtlich der Ernährung vorausgesetzt, was für den Wettkampfathleten aber ohnehin eine Selbstverständlichkeit ist. Für den Freizeit-Athleten aber, gilt damit ganzjährig das umgekehrte Postulat: Der entscheidende Faktor ist das Training, nicht aber die Ernährung (sofern er bezüglich der Nährstoffzufuhr die schon angedeuteten simplen Regeln beachtet).
Der Freizeitathlet muss sich nicht tagelang darüber Gedanken machen in welchem Verhältnis jetzt seine Sonnenblumenkernöl-ration zur Leinöl-ration stehen muss und ob er vor dem Schlafengehen lieber noch ein 3-Komponenten-Eiweiss-Shake oder etwas Magerquark zu sich nehmen sollte.
Bei einer durchschnittlichen ausgewogenen Ernährung erhält der Freizeitathlet alles zum Aufbau erforderliche in ausreichender Menge. Sorgt er dann noch dauerhaft für eine ausreichend hohe Kcal-Zufuhr (kleines Kalorienplus), dann wird er auch Muskulatur aufbauen, wenn und soweit sein Training stimmig ist, also an seine individuelle Regenerationsfähigkeit angepasst wurde.
Über die letzten Feinheiten der Nährstoffzufuhr muss er sich erst Gedanken machen, wenn er einmal eine besondere Form anstrebt (sei es für ein Foto-Shooting oder einfach für den Badeurlaub).
Fazit: Die Aussage stimmt für den Wettkampfathleten, aber nur insoweit als es seine Wettkampfform angeht.
Die Aussage taugt für den Freizeitathleten nicht zur Prioritätssetzung.
Es ist vielmehr alleine erforderlich, ein paar ganz simple Regel bezüglich der Nahrungsaufnahme zu beachten:
- ausreichend Protein
- ausreichend Kohlenhydrate
- ausreichend Fette
- leichtes Kalorienplus
Was dabei jeweils unter ausreichend zu verstehen ist, habe ich in den Ernährungsgrundlagen zusammengefasst.
Aber mehr ist es dann auch schon nicht mehr. Wenn es sich an irgendeiner Stelle lohnt, etwas Mühe in seine Ernährungsplanung zu stecken, dann ist es bei der Kontrolle der Gesamtkalorien, um zu gewährleisten, dauerhaft ausreichend kcal zu sich zu nehmen (wird von vielen Anfängern vernachlässigt) und umgekehrt sicher zu stellen, dass das Kalorienplus nicht zu gross wird.
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